Hochzeitsbräuche: verbinden damals und heute

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Hach, was wäre Heiraten ohne Hochzeitsbräuche? An sich könnte man sich den ganzen ‚Kladderadatsch‘ ja auch sparen, wo man doch heute an keiner Hotelrezeption mehr schwindeln muss, um auch als unverheiratetes Paar ein gemeinsames Zimmer zu bekommen. Heiraten muss eigentlich nicht mehr sein, aber wir tun’s trotzdem! Einfach, weil’s schön ist…

Und schön ist es auch, in die Hochzeit selbst, aber auch die Vorbereitungsphase ein paar Bräuche einzubauen, die Alt und Jung miteinander verbinden. Bräuche, von denen wir wissen, dass vermutlich auch unsere Kinder und Enkel noch wissen werden, worum es geht, wenn wir davon erzählen. Bräuche, bei denen Tante Erna und Oma Hildegard in Erinnerungen an die eigene Hochzeit schwelgen, wenn sie auf unserer noch einmal ein paar Jahrzehnte zurück versetzt werden. Na und weil es zu meinen liebsten Zeitvertreiben gehört, ein wenig in der Geschichte zu stochern und den Dingen auf den Grund zu gehen, werde ich Euch hier auf dem Blog immer wieder die Hintergründe des ein oder anderen Brauchs näher bringen. Drei golden Oldies sind heute dran.

Brautmyrte – Jungfräulichkeit mit Sex-Appeal:

Verbreitung: weltweit ; Ab wann?: 16. Jahrhundert

Einige von Euch kennen sie vielleicht, die Tradition, Myrte im Brautstrauß, als Haarkranz für die Braut und gelegentlich auch für die Boutonniere (Knopflochblume) des Bräutigams zu verwenden. Warum gerade diese Pflanze? Naja, vielen Pflanzen wird eine bestimmte Bedeutung beigemessen. Besonders gepflegt wurde diese „Sprache der Blumen“ im 18. Jahrhundert – einer Zeit, in der vor allem junge Liebespaare nicht so einfach miteinander kommunizieren konnten. Da kam so eine geheime Botschaft im Blumenstrauß gerade recht. Dabei hat man einigen Gewächsen bestimmte Tugenden zugesprochen.

myrtenkranz myrte brautschmuck

Myrtenkränze aus Gold sind haltbar für die Ewigkeit! Solche findet man z.B. auf Etsy bei The Exquisite Bride

So hatte die Myrte schon in der Antike Symbolkraft und wurde von den Griechen der Göttin Aphrodite (röm. = Venus) geweiht. Myrte steht zwar auch heute noch für Reinheit und Jungfräulichkeit. Aphrodite, dem alten Vamp, der Göttin der Liebe und Schönheit, würde man solche Eigenschaften allerdings nicht zuschreiben! Deshalb hat die sogenannte Brautmyrte auch noch eine andere Bedeutung: neben ewiger, über den Tod hinaus gehender Liebe steht sie auch für Lebenskraft und Fruchtbarkeit. Gar nicht so unsexy, oder?

Gut zu wissen: Früher hat die Braut ihr Myrtensträußchen übrigens bewurzelt. Das heißt, sie hat es im Wasser Wurzeln schlagen lassen und anschließend in den Garten gepflanzt. Wurde daraus wieder ein kräftiger Busch, verhieß das beständiges Eheglück. Aber keine Angst, wenn’s bei euch nichts wird! Mein Büschchen ist schon jetzt eingegangen, aber mit Mr. Gypsy bin ich bis dato noch ganz glücklich…

Brautentführung / Brautverziehen – (un)beliebter Evergreen:

Verbreitung: Bayern, Österreich, Schweiz ; Ab wann?: vermutlich Mittelalter

Ganz genau weiß man nicht, woher dieser Brauch kommt und wann er entstand. Eine mögliche Erklärung ist das „ius primae noctis“ (lat. für „das Recht der ersten Nacht“), das Gutsherren im Mittelalter noch über ihre Leibeigenen hatten. Das heißt, wenn ein Bauernmädchen heiratete, stand es eigentlich dem Gutsherren, der auch eigentlicher Besitzer der Ländereien war, welche die Bauern lediglich bewirtschafteten, zu, sie zu entjungfern. Keine schöne Vorstellung… Damit das nicht passieren konnte, wurde die Braut schlichtweg ‚entführt‘, um diesem Los zu entgehen (Quelle: Brauchwiki). Heute müssen wir aber keine Angst mehr haben, dass die Hochzeitsnacht nicht den Brautleuten gehört (oder – in den meisten Fällen – dass die Braut noch entjungfert werden könnte). Der Brauch ist also ein unterhaltsames (und oft feucht-fröhliches) Überbleibsel aus vergangenen Zeiten, für das der Bräutigam meist tiefe Taschen braucht.

Denn seine Braut, die vom Hochzeitslader oder den Trauzeugen während des Essens oder beim Tanzen entführt und nach und nach in verschiedene umliegende Kneipen verschleppt wird, muss der Arme auch wieder auslösen. Unter anderem muss er dazu die Zeche der ‚Brautdiebe‘ zahlen. Die fällt oft nicht gering aus, weil die ganze Bande in der Regel mehr als eine Lokalität aufsucht. Da kann es sein, dass der Bräutigam weder seine Braut noch die ‚bösen Buben‘ vorfindet und vom Wirt lediglich einen Hinweis bekommt, wo er sie als nächstes suchen könnte. Das ganze funktioniert also auch nach dem Prinzip Schnitzeljagd. Am Ende findet er hoffentlich seine Braut samt Gefolge. Dann kann es gut sein, dass er noch einige Aufgaben bewältigen muss, bevor er seine Liebste wieder in die Arme schließen und zurück zur Hochzeitsgesellschaft bringen kann.

Gut zu wissen: Sollten die Entführer es versäumen, neben der Braut auch den Brautstrauß aus der Location mitgehen zu lassen, kann der Bräutigam diesen zur Auslöse seiner Holden verwenden. Dann zahlen die Diebe die Zeche. Also aufgepasst! Nehmt das gute Stück mit!

Aufpassen – nicht alle lieben Hochzeitsbräuche!

Noch ein Tipp: Besonders vielen Bräuten ist die Durchführung dieses Brauchs so gar nicht recht. Einerseits, weil sie viel Liebe in jedes Detail ihrer Hochzeit gesteckt haben und entsprechend auch anwesend sein wollen, um sie zu genießen. Andererseits, weil einige keine Alkoholleichen auf ihrer Hochzeit mögen (erst recht nicht vor Mitternacht). Also überlegt euch gut, ob ihr die Brautleute wirklich überraschen wollt…

Brautlied – Abschied mit Gesellschaft:

Verbreitung: Bayern, Österreich ; Ab wann?: Antike

Das Brautlied ist ein zwar sehr alter (schon die Griechen und Römer sangen es wohl), aber über die Alpenregion nicht allzu weit bekannter Hochzeitsbrauch. Dabei ist er so schön! Worum geht’s? Am Vorabend der Hochzeit versammeln sich hauptsächlich weibliche Verwandte und Freunde der Braut vor ihrem Elternhaus, um ihr ein Ständchen zu singen. Das setzt natürlich voraus, dass die Braut auch die letzte Nacht vor der Hochzeit dort verbringt. Nachdem alle fleißig geträllert haben, gibt es für die Sänger noch eine zünftige Brotzeit. Früher diente das Beisammensein auch dem Zweck, dass die junge Braut dem Abschied aus dem Leben als ‚Jungfrau‘ nicht allein und nervös entgegenschauen musste.

Heute hat zwar kaum mehr jemand Angst vor der Hochzeitsnacht, aber eine Möglichkeit, noch einmal unter FreundInnen Anekdoten aus der Junggesellinnenzeit auszutauschen, hat doch trotzdem was, oder? Außerdem bietet dieser Brauch eine würdige Gelegenheit, um richtig vom Elternhaus Abschied zu nehmen. Was man nämlich vor dem großen Tag oft nicht realisiert, ist, dass die Hochzeit tatsächlich ein Abschied ist. Wenn schon nicht von der Jungfräulichkeit, dann immerhin noch ein Stückchen mehr vom Elternhaus…

Gut zu wissen: Männer müssen um spätestens Mitternacht das Haus verlassen!

Interessant: Man sieht wieder mal, wie sehr sich unterschiedliche Kulturen doch gleichen. Eine Parallele zur Henna-Nacht (islamische Tradition) ist hier nicht ganz von der Hand zu weisen…

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Na ihr Lieben? Welche Hochzeitsbräuche werdet Ihr an Eurem großen Tag mit einbauen? Lasst Ihr Euren Trauzeugen freie Hand oder bekommen sie Anweisungen von Euch? Oder seid Ihr vielleicht Trauzeugen und freut euch schon tierisch darauf, Eure Freunde zu überraschen? Verratet’s mir in der Kommentarspalte! Und falls Ihr Bräuche kennt, die ich Euch genauer erklären soll: immer her damit!

 

 

Photo Credits: Meine Wenigkeit, The Exquisite Bride